Neti

Wir alle kommen auf die Welt, einatmend und wir verlassen diese Welt ausatmend. Dazwischen findet das Leben statt. Lebenslang werden wir beatmet. Es atmet ohne unseren Beitrag, unwillkürlich. Doch können wir auch willkürlich atmen. Dann atmen wir bewusst, geführt, üben Atemkontrolle aus. Sängerinnen und (Blas)Musiker tun das. Die Yogis aller Zeiten waren Meister des geführten und kontrollierten Atems. Sie nannten und nennen es Pranayama. Und ihnen war schon vor Jahrhundertenbewusst, dass ein Zusammenhang zwischen der Atmung und der Geistestätigkeit besteht, im Sinne von: „Wenn der Atem wandert, dann ist der Geist unruhig, aber wenn der Atem still ist, dann ist es auch der Geist“, so in der Hatha Yoga Pradipika.

Luftverschmutzung. Wenn Atem Leben ist, dann führt das durch die Luftverschmutzung verursachte eingeschränkte, oberflächliche Atmen in den weltweit wachsenden Megastädten zu eingeschränktem Leben. Dann wachsen Schulkinder neben Autobahnen bereits mit Inhalationsgeräten auf. Welch traurige Konsequenz des weitverbreiteten uneinsichtigen Mobilitäts- , Konsum und Verschleissverhaltens. Wir können hinsehen oder wegschauen.

Virus. Und nun befällt das Coronavirus SARS-CoV-2 die Atemorgane und dies weit bedrohlicher als jede Luftverschmutzung. Die Krankheit COVID-19 befällt uns existenziell. Für die einen tödlich und für die andern massiv einschränkend. Und in der Entstehung und Ausbreitung der Krankheit besteht ebenfalls ein Bezug zu unserem Verhalten. In der Globalisierung rast das Geld um die Welt, die Menschen reisen um die Welt und das Virus fliegt um die Welt. Wir können hinschauen oder wegschauen.

Hygiene. Hände waschen ist angesagt. Soziale Distanz auch. Und essen und trinken im Stehen und Gehen, bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten, ist auch nicht mehr so toll. Wir mögen täglich duschen und doch sind wir hygienisch nachlässig geworden. Wir können hinschauen oder wegschauen.

Rückbesinnung. Wir dürfen uns erinnern, dass wir uns einst nicht nur am Sonntag zum Essen an den Tisch gesetzt und inne gehalten haben. Wir dürfen uns erinnern, dass es Zeiten gegeben hat, in denen nicht alles selbstverständlich war, Zeiten in denen wir dankbar waren fürs Essen und vieles mehr. Denn leider führt mehr Wohlstand oft zu weniger Anstand. Wir können hinschauen oder wegschauen.

Jala Neti. Und ja wir könnten in diesen speziellen Zeiten unser Verhalten reflektieren und ein paar Dinge lernen. Und ja, auch von den Yogis könnten wir lernen. Die kennen nämlich die Nasenreinigung, echt sinnvoll in viralen Zeiten. Sie nennen es Jala Neti. Dabei werden die Nasengänge mit handwarmem Salzwasser gespült. Und wenn wir schon das Salzwasser zur Hand haben, können wir auch noch gurgeln, wie zu Grossmutters Zeiten. Dann haben wir den ganzen Nasen-Rachenraum gereinigt. Wir können es ausprobieren. Und auch hier: Wir können hinschauen oder wegschauen.