Hilfe, die Wespen sind da.

Schön und teilweise reif sind die Trauben am Rebstock an der Südwand unseres Hauses. Die Freude ist gross und der Frust auch. Denn da sind die Wespen. Ganze Trauben von Wespen hangen an den Trauben, die eigentlich ins Müesli sollten, so meine Vorstellung.

Kaffeepulver und Melonen. Doch überall Wespen. Beim Essen machen sich die Wespen über den Wein und das Dessert her. Was tun? Fuchteln nein. Schimpfen nein. Dreinschlagen nein. Wasser spritzen am Tisch nein. Auch wenn eine Abkühlung angenehm wäre. Kaffeepulver anzünden und räuchern, so lese ich in der Zeitung. Ok, doch es nützt nichts, gar nichts. Zuckerwasser aufstellen, ja. Warum sollten die Zuckerwasser trinken, wenn es feine Trauben gibt? Es funktioniert nicht. Melonen hinstellen, sagt ein Freund. Nein, Melonen kaufe ich keine. Mir reicht’s. Loslassen, über der Sache stehen. Doch Ich bin sauer, weil die mir die süssen Trauben wegfressen. Wo bleibt die Gelassenheit. Ich wollte einen fairen Deal, ich wollte einen Teil der Trauben abgeben. So ein Drittel hätten die auch fressen können. Das wäre ganz im Sinne des harmonischen Zusammenlebens von Mensch und Natur. Doch die wollen alles. Alles. Das ist nicht ok.

Ahimsa. Und dann ist da noch das edle Prinzip „Ahimsa“, die Gewaltlosigkeit. Gandhi hat sie vorgelebt. Wie hat der das wohl mit den Wespen, den Ameisen, den Zecken gemacht. Und mit den Affen, dieser indischen Plage. Und all den andern Viechern. Hat Gandhi die Wespen heimlich erschlagen? Und wie ist er mit den Affen umgegangen? Ich weiss es nicht. Aber ich weiss, dass ich nicht nur bei den Wespen mit den edlen Geboten in Konflikt gerate. Es ist anspruchsvoll. Nicht nur bei den Wespen.

Gebote und Verbote. Überall haben sie uns gesagt, was wir tun und nicht tun sollen. Die Kirche, die Schule, die Hauswarte, die selbsternannten Saubermänner. Und sie haben uns gleich sanktioniert, wenn wir dagegen verstossen haben. Dabei hat der Pfarrer – im Einklang mit dem christlichen Liebesgebot – uns kräftig an den Schläfenhaaren vom Stuhl hochgezogen. Ich mag mich nicht erinnern, dass sie uns gesagt hätten, wie man das ganz konkret macht mit all diesen Geboten. Wie man die ganz konkret einhalten und ein gutes Leben führen kann.

Vorbilder. Ich habe den Eindruck, es ist heute das gleiche, wie damals. Es fehlen die Vorbilder, die uns vorleben und aufzeigen, was es wirklich braucht für die friedliche Koexistenz auf diesem wunderbaren Planeten. Dazu müssten die Verbots- und Gebotsaufsteller zunächst bei sich selber anfangen. Doch das ist bekanntlich eine schwierige Angelegenheit. Bis die soweit sind dürfen wir uns mit Annäherungen ans Ideal zufrieden geben. Bei den Wespen hört der Spass nämlich auf. Und nicht nur dort.