Mehr als ein halbes Jahr liegt zwischen meinem letzten Beitrag und den heutigen Zeilen. Wie konnte das nur geschehen? Da scheint die Zeit im Flug vergangen. Doch halt. Es ist ja nicht die Zeit, die vergeht, sagen die Zeitphilosophen, sondern wir vergehen in der Zeit. Oh, ja, wie wahr. Wir vergehen in der Zeit, Tag für Tag.
Was ist also passiert? Das Schreiben ist plötzlich zweitrangig geworden, denn ich konnte für drei Monate ein Atelier in einer Gewerbebrache direkt am Fluss mieten. Dort habe ich mich eingerichtet, konnte mich mit Material, Werkzeug und Ideen ausdehnen und austoben. Experimentieren, mich auseinandersetzen mit Holz, Stein, Leinwand und und. Ringen mit mir selber. Im offenen Prozess. Und immer war es da, das unaufhörliche Fliessen des Flusses. Und immer wieder musste ich fasziniert hinschauen und hinhören und immer wieder tönte es anders, und immer wieder änderten sich die Lichtverhältnisse, inspirierend elektrisierend zugleich.
Und plötzlich trat in dieses spielrische Tun und Nicht-tun, in dieses gewollt befristete Spiel die grosse Befristung, nämlich das Sterben und der Tod herein. Und während ich auf den Stein einhämmerte, lag ein Freund im Sterben. Und noch bevor meine befristete Atelierzeit zu Ende war, ging das Leben meiner zweitälteste Schwester zu Ende.
Und immer wieder fragten mich Menschen, die mich an diesem speziellen Ort besuchten: Ist es denn nicht schade für dich, dass du nach drei Monaten wieder alles zusammen packen musst. Und immer wieder sagte ich: Nein. Es ist ok. Aus dieser Befristung kommt viel Gestaltungsdrang, manchmal mehr als das, was ich realisieren kann.
Ganz wie im Leben selbst.